
Wo die Natur langsam zurückkehrt
Schaurig, gespenstisch, unheimlich: So ein Bild habe ich vom Moor, angereichert aus Balladen und von Räuber Hotzenplotz. Unser Spaziergang durchs Himmelmoor bei Quickborn hat trotz etlicher Warnungen vor Zecken und Kreuzottern wenig Gruselpotenzial, ist dafür aber kurzweilig und kontrastreich. Nebenbei erfahren wir auf dem etwa vier Kilometer langen Rundweg einiges über Industriegeschichte und Natur. Und gibt das Wollgras, wie mit Deckweiß in den rotbraunen Torf getupft, nicht ein hübsches Bild ab?

Teils auf den Schienen der ehemaligen Torfbahn, teils federnd auf dem weichen Torfboden, teils auf einem sich durch ein Birkenwäldchen schlängelnden Holzbohlenweg durchqueren wir eine Landschaft voller Gegensätze. Wo die Natur wieder sein darf, ist es sumpfig, voller Moose und Gräser, ein Paradies für Pflanzen und Tiere. Man muss aber nur den Kopf zur anderen Seite drehen und der Blick fällt auf versehrte Landschaft, schwarzbraune Ödnis, in der kaum etwas wächst. Hier haben Natur und Naturschützer noch einiges vor sich, bis der Name Himmelmoor wieder zur Landschaft passt.
Knapp 150 Jahre lang wurde im – so heißt es – höchstgelegenen Moor Schleswig-Holsteins Torf abgebaut. Um den zunächst als Brennstoff, später im Gartenbau begehrten Torf zu gewinnen, wurde das Moor erst trockengelegt, dann der Torf Stich für Stich abgetragen. Eine mühsame Arbeit, im 19. Jahrhundert mit dem Spaten ausgeführt, später mit Maschinen.
Bis in die 1980er Jahre wurden im Himmelmoor Strafgefangene aus verschiedenen Gefängnissen zum Torfabbau eingesetzt. Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs schufteten hier, wie in vielen anderen Mooren, auch Kriegsgefangene und politische Häftlinge.
Erst 2020, als aus dem Moor nichts mehr zu holen war und der Betrieb unrentabel wurde, stellte man den Torfabbau ein. Immerhin begann man schon ein paar Jahre früher damit, das Moor wieder zu vernässen und zu renaturieren. So befindet sich das Himmelmoor in einer langen und spannenden Übergangszeit, zurück zur Natur.
Zu viele Spaziergänger:innen tun dem Moor dabei nicht gut, trotzdem möchte ich die Runde empfehlen. Wer einen Hund hat, lasse ihn aber bitte zuhause oder zumindest an der Leine, auch der Kreuzottern wegen.
Botanik-Kenntnisse sitzen 😉